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Liya Yu: Vulnerable Minds - the Neuropolitics of Divided Societies (2022, Columbia University Press) Keine Bewertung

This is why we need to ask how we can engage a large group of neurocognitively and affectively exhausted and disengaged people, so that they feel that their experiences, reality, and interests are at stake again. How can we avoid cognitive shutdown and disinterest by this group, which could play a central role in the next U.S. election? How can we imagine a new way to communicate the moral values and facts that sustain the continued existence of our liberal democracies in a fashion that is neurocognitively and affectively digestible for those who stopped caring about liberal deliberative and electoral processes a long time ago?

Vulnerable Minds - the Neuropolitics of Divided Societies von  (Seite 32)

Liya Yu: Vulnerable Minds - the Neuropolitics of Divided Societies (2022, Columbia University Press) Keine Bewertung

If, according to Sunstein and Vermeule, conspiracy theories can natu- rally be eliminated through liberal discourse and the marketplace of ideas, then for liberals to “have the better ideas and right beliefs” should theoretically suffice in persuading the unconvinced. However, as has now become clear, the liberal assumption that to “have the better ideas and right beliefs” is in fact barely sufficient as a persuasive strategy. Instead, we need to urgently and fully rise to the challenge that competing alt-right claims to reality are posing to societies. Indeed, on the eve of the 2020 U.S. presidential election, Hari Kunzru contended that “this elec- tion is a contest not so much of ideologies as realities, dueling world-pictures that rely on different sources of information and are often not even vis- ible to adherents—perhaps a better word would be ‘inhabitants’—of the other.“ This buttresses my argument that what we need to focus on is winning this duel over competing realities with new and effective strategies.

Vulnerable Minds - the Neuropolitics of Divided Societies von  (Seite 28)

Karl-Heinz Ott: Verfluchte Neuzeit Eine Geschichte des reaktionären Denkens (German language, 2022) Keine Bewertung

Wie aber lässt sich das Christentum mit Freund-Feind-Schemata in Einklang bringen?

Carl Schmitt liefert die Antwort, in allem Freimut. Anders als Strauß setzt er nicht auf Versteckspiele. Schon in seiner frühen Schrift „Römischer Katholizismus und politische Form“ kommt er auf Dostojevskis Großinquisitor zu sprechen, der Jesus vorhält, alles falsch zu machen, was man nur falsch machen kann. Schmitt bemerkt dazu:

„Dostojevskis Großinquisitor bekennt, den Versuchungen des Satans gefolgt zu sein, in vollem Bewusstsein, weil er weiß, daß der Mensch von Natur böse und niedrig ist, ein feiger Rebell, der eines Herren bedarf, und weil niemand anders als der römische Priester den Mut fand, alle die Verdammnis auf sich zu nehmen, die zu solcher Macht gehört.“

Indem Jesus die weltliche Sphäre von der religiösen trennt, entwertet er den Staat, was beim Großinquisitor heiligen Zorn verursacht. Der Großinquisitor macht sich zum Fürsprecher einer Theokratie, wie man sie heute von den iranischen Mullahs kennt. Der Staat muss mit aller Rigidität seine Gebote und Verbote durchsetzen, über die es nichts zu diskutieren gibt. Wegen der Großinquisitor sich stemmt, ist die neuzeitliche Gewissensfreiheit. Nie hätte es einen Luther gegeben dürfen. Mit ihm gewinnen wir ein Verhältnis zur Welt und zu uns selbst, das Schmitt als „subjektivierten Occasionalismus“ charakterisiert. Es regiert dort die innere Stimme, mit allem Volatilen. Diese Stimme besteht aus vielen Stimmen; sie alle reden durcheinander.

Verfluchte Neuzeit Eine Geschichte des reaktionären Denkens von  (Seite 184)

Karl-Heinz Ott: Verfluchte Neuzeit Eine Geschichte des reaktionären Denkens (German language, 2022) Keine Bewertung

Er (Strauß) ist vernarrt in den Kampf gegen ein demokratisches Unwesen, in dem Verweichlichung als Tugend gilt. An den Rechtsnationalen beeindruckt ihn ihr Opferwille, der keinen Spaß kennt: „Was sie hassten, war die Aussicht auf eine Welt, in der jeder glücklich und zufrieden wäre, in der jeder sein kleines Vergnügen am Tag und sein kleines Vergnügen in der Nacht hätte, eine Welt, in der kein großes Herz schlagen und keine große Seele atmen könnte, eine Welt ohne wirkliche, unmetaphorische Opfer, d.h. eine Welt ohne Blut, Schweiß und Tränen. Was den Kommunisten als die Erfüllung des Menschheitstraums erschien, erschien jenen jungen Deutschen als die größte Entwürdigung der Menschheit, als der Anfang vom Ende der Menschheit, als die Heraufkunft des Letzten Menschen.“

Verfluchte Neuzeit Eine Geschichte des reaktionären Denkens von  (Seite 166)

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Karl-Heinz Ott: Verfluchte Neuzeit Eine Geschichte des reaktionären Denkens (German language, 2022) Keine Bewertung

Dennoch will Strauss in einem entscheidenden Punkt Spinoza nicht folgen. Dass es nur die Alternative gibt zwischen Athen und Jerusalem, steht für beide fest, dass man die Mehrheit der Menschen auf die Fragwürdigkeiten der Religion hinweisen muss, findet Strauss dagegen nicht, ganz im Gegenteil. In seinen Augen bedarf die große Masse bis ans Ende der Zeiten des Glaubens, andernfalls würde sie keinen Sinn finden im Leben und in Ungehorsam verfallen. Ohne Religion kann es keine Ordnung geben und ohne Gehorsam keinen funktionierenden Staat, davon ist Strauss überzeugt. Während es Spinoza darum geht, die Absurditäten der Religion offenzulegen, sind sie für Strauss unerlässlich. Ihre Wahrheit besteht in noblen Lügen, die Philosophie durchschaut, der einfache Mensch jedoch braucht. Philosophen unterwerfen sich Gesetzen, weil sie qua Vernunft einsehen, dass es Gesetze geben muss; Gläubige unterwerfen sich Gesetzen, weil sie Angst haben vor Gottes Strafe.

Verfluchte Neuzeit Eine Geschichte des reaktionären Denkens von  (Seite 136)

Karl-Heinz Ott: Verfluchte Neuzeit Eine Geschichte des reaktionären Denkens (German language, 2022) Keine Bewertung

Dennoch will Strauss in einem entscheidenden Punkt Spinoza nicht folgen. Dass es nur die Alternative gibt zwischen Athen und Jerusalem, steht für beide fest, dass man die Mehrheit der Menschen auf die Fragwürdigkeiten der Religion hinweisen muss, findet Strauss dagegen nicht, ganz im Gegenteil. In seinen Augen bedarf die große Masse bis ans Ende der Zeiten des Glaubens, andernfalls würde sie keinen Sinn finden im Leben und in Ungehorsam verfallen. Ohne Religion kann es keine Ordnung geben und ohne Gehorsam keinen funktionierenden Staat, davon ist Strauss überzeugt. Während es Spinoza darum geht, die Absurditäten der Religion offenzulegen, sind sie für Strauss unerlässlich. Ihre Wahrheit besteht in noblen Lügen, die Philosophie durchschaut, der einfache Mensch jedoch braucht. Philosophen unterwerfen sich Gesetzen, weil sie qua Vernunft einsehen, dass es Gesetze geben muss; Gläubige unterwerfen sich Gesetzen, weil sie Angst haben vor Gottes Strafe.

Verfluchte Neuzeit Eine Geschichte des reaktionären Denkens von  (Seite 136)