AnnaCarina hat Die Stadt der Blinden von Jonathan Davis besprochen
Review of 'Die Stadt der Blinden' on 'Goodreads'
3 Sterne
Eine große Parabel, die mich im Stil an [b:Der Fremde|533734|Der Fremde|Albert Camus|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1175594318l/533734.SY75.jpg|3324344] erinnert hat und qualitativ in meinem Kopf mit [b:Insel der verlorenen Erinnerung|55068525|Insel der verlorenen Erinnerung|Yōko Ogawa|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1607769839l/55068525.SY75.jpg|7310932] konkurrieren musste.
Themen die für mich prägnant herausstachen:
• Angst (Lähmung, Passivität, Aggression, irrationales Verhalten, unstrukturiertes Verhalten)
• die Natur des Menschen ( kriegerisch vs. friedfertig) und daraus resultierende Gruppendynamiken
• der Sinn des Lebens / Führungslosigkeit-Wer zeigt den Weg? - wo ist Gott?
• Freiheit : "Wissen nicht wohin, kein Vergleich zwischen dem Leben in einem rationalen Labyrinth - und das ist per Definition eine Irrenanstalt- und einem Leben, in dem man sich ohne eine führende Hand in eines ihres Verstandes beraubte Stadt hinauswagen soll"
• Hoffnung/Hoffungslosigkeit
• Resilienz
• Vereinzelung vs. Gruppenbildung
Eine "Sehende, die geboren wurde, um den Horror zu sehen“. Der Rest, von weißer Blindheit geschlagen.
"Ein Licht im Kopf, so stark, dass es sie erblinden ließ".
Man könnte annehmen, dass Saramago mitteilen möchte, dass der Glanz der Menschheit, der Fortschritt, der Konsum, durch Reizüberflutung ihren Zenit überschritten haben und in einem überdynamischen Lichte erstrahlen, das uns erblinden lässt. Darum kann der Blick nur noch nach Innen gerichtet fallen und die Frage im Raum: kann man aus sich selbst heraus wiederkommen?
Das Buch hat ganz tolle Ansätze. Ich mochte die Drastik der Szenen und Bilder. ABER:
Mir ist das sprachlich zu simpel und schlicht gehalten. Es fehlen mir als Kontrast tiefe, komplexe Symbole, wie es Yoko Ogawa in Insel der verlorenen Erinnerung macht.
Insbesondere die Szenen in der Anstalt wirken durch den verwendeten Stil und die Sprache grotesk und holzschnittartig.
Der Beginn des Buches gestaltet sich zu träge und zäh.
Gegen Ende des Buches lädt Saramago mir das Geschehen und die Gespräche zu spirituell, pathetisch, rührselig auf.
Insgesamt hatte ich wie bei [b:Die Straße|3428405|Die Straße|Cormac McCarthy|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1327919882l/3428405.SY75.jpg|3355573] das Problem, dass ich Verhalten nicht nachvollziehen konnte. Die Schafe zur Schlachtbank Nummer und Dummheit macht mich echt wahnsinnig. Das soll aber kein Bewertungskriterium für das Buch sein. Um das positiv umzumünzen: toll gezeichnet wie unlogisch, irrational , planlos und unpragmatisch Menschen sind. Toll gezeichnet wie lang wir uns an unnütze Dinge, Orte hängen.