AnnaCarina hat Auf See von Theresia Enzensberger besprochen
Review of 'Auf See' on 'Goodreads'
1 Stern
1,5 ⭐️ Musste nach unten korrigieren. Im Vergleich zu anderen 2 Sterne Büchern der letzten Wochen, fällt dies zurück.
Ein Buch, das „das Archiv“ nutzt, um wikipediaartige Einträge voll Wissen über dem Leser auszukübeln, das in der Romanhandlung ebenfalls von Fachwörtern, im ersten Drittel aus Medizin, Physiologie, Biologie und später aus anderen Bereichen strotzt. Ein Buch, das eine hochintelligente Protagonisten Yada vorführt, die bereits als kleines Kind schon voll das super Brain war und nur von den Besten der Besten Unterrichtet wird und an deren Wissen wir unbedingt überall teilhaben dürfen. Da das Buch den Kapitalismus, Neoliberalismus und libertäre Utopie bzw. anarchische Systeme aufgreift, dürfen natürlich die Buzzwords: Start-Up-Szene, Selbstbestimmung, Freiheit, Silicon Valley, Businessplan, Kryptowährung nicht fehlen.
Wer von Euch das Buch von Ulrich Pelzer [b:Das bessere Leben|25820806|Das bessere Leben|Ulrich Peltzer|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1435615945l/25820806.SY75.jpg|45677837] gelesen hat, könnte den Eindruck haben, dass hier etwas ähnliches versucht wurde. Selbst die Begriffe Ordnung und Chaos greift sie gegen Ende des Buches auf. Es hätte eine große Kollage werden können, wie gesellschafts-politische Ausrichtungen ihre Utopie leben, welche Risiken dies birgt und was passiert, wenn diese aufeinander prallen.
Nein, das schafft sie bei weitem nicht. Das Buch liest sich auf dem Niveau eines YA Romans.
Show, don’t tell- dieses Prinzip kennt die Autorin nicht. Sie nimmt all dieses Wissen und lässt es an der Oberfläche im Raum stehen, lässt die Begriffe fallen und macht keine Geschichte draus. Lediglich der Erzählstrang um die Sekte wird ein klein wenig weiter ausgebaut und dient als Schaubild für die Anfälligkeit eines libertären Systems für Ideologen. Wobei ich diesen Part auch nur so mäßig geglückt fand. Nichts wird von all den Buzzwords weiter auserzählt.
„Sonderwirtschaftszone: ja da parkt man gerne sein Geld weg. Jo das wars, muss Euch reichen. Was sonst noch so passiert ist müsst ihr euch selber ausdenken“.
Die Romanhandlung selbst wird nur wegberichtet. Kratzt man den ganzen aufgeblasenen Fachjargon runter, bleibt für mich ein schlecht erzähltes Buch übrig, das sprachlich keine Besonderheiten aufweist und völlig beliebig daherkommt.
Für mich hat sich es nicht geschafft den Figuren Leben einzuhauchen.Fühlte sich wie nen kalter Fisch an. Zudem habe ich es als Hörbuch von ihr selbst eingesprochen gehört. Manche Autoren sollten das sein lassen.
Keine versteckten Ebenen, nichts was unter der Oberfläche brodelt, keine Verschachtelungen.
Herr Pelzer hat aus seinem Buch die reinste Schnitzeljagd gemacht. Das Buch war noch viel praller mit Wissen gefüllt, nur musste man sich das selbst erarbeiten.
Das Tempo des Buches hat mir ebenfalls nicht gefallen. Die erste Hälfte lässt sich sehr viel Zeit, verplempert diese nahezu. Die zweite Hälfte wirkt durch sehr schnelle kleine Zeitsprünge wie einzelne Episoden aneinander geklebt. Yadas und Helenes Vergangenheit wird mal eben fix erzählt, dann hat man eine tiefe Verbundenheit zu etwas aufgebaut, das überhaupt nicht plausibel erscheint, da die Autorin den Weg zu diesen Beziehungen nur ankratzt. Die Entwicklung von Yada und Helene ist für mich überhaupt nicht greifbar geworden. Es macht den Eindruck eines Entwurfes.
Insgesamt fand ich viele Elemente recht seltsam gewählt. Wie diese Orakel Sache. Das Buch bekommt natürlich schon etwas spezielles, wie es mit der Seestadt und den komischen Verflechtungen von Helene aufgezogen ist. Mein Geschmack war das jedoch nicht.
Ich bin tatsächlich etwas ratlos was das Buch nun letztendlich sagen wollte. Mir hat es weder eine neue Erkenntnis gebracht noch Lesevergnügen bereitet.