Review of 'Das Geheimnis des menschlichen Denkens Einblicke in das Reverse Engineering des Gehirns' on 'Goodreads'
2 Sterne
Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt.
Nach Sichtung des Materials ist für mich persönlich doch recht wenig dabei rum gekommen. Liegt primär daran, dass ich mich nicht all zu sehr für die technischen Datails der KI Systeme interessiere.
Er widmet sich ausgiebig Überlegungungen zum Training eines Gehirns, egal ob es ein biologisches ist oder aus Software besteht. Wie lernt ein hierarchisches (digitales oder biologisches) Mustererkennungssystem?!
Zum anderen hat Kurzweil zwar eine sehr gut verständliche Ausdrucksweise – das Buch liest sich wie geschnitten Brot- dennoch plätschern die Sätze ausufernd vor sich hin und verleiten dazu, alles andere gerade interessanter zu finden. Oder anders gesagt: Wenn ich mit Kurzweil, im Vorhaben einer anregenden Diskussion, abends auf der Couch sitzen würde, wär ich beim 3. Bier eingepennt.
Er macht mir zu viel Werbung für seine Projekte, Bücher, Firmen. Das Buch, liest sich ein bisschen im Duktus einer Verkaufsveranstaltung. Außerdem reißt er die Themen nur an. Ist für mich ehr eine grobe Ideensammlung als eine intensive Lektüre eines spezifischen Themas.
Zu Beginn des Buches beschäftigt sich Kurzweil ausführlich mit dem Neokortex und Mustererkennung des Gehirn.
Neokortex: setzt sich aus hoch repetitiven Strukturen zusammen, die es dem Menschen erlauben, beliebig komplexe Ideenstrukturen zu schaffen.
Erinnerungen werden als Abfolge von reduntanten Mustern gespeichert.
„Wir können ein Muster sogar dann wiedererkennen, wenn nur ein Teil von ihm wahrgenommen (gesehen, gehört, gefühlt) wird, und sogar auch dann, wenn es Abweichungen enthält. Unsere Fähigkeit zur Wiedererkennung ist offenbar in der Lage invariante Merkmale von Mustern festzustellen und diese auch dann zu erfassen, wenn die Muster selbst merklich in ihren Eigenschaften verändert sind.“
Die Redundanz muss vorliegen, da den neuronalen Schaltkreisen eine gewisse Unzuverlässigkeit anhaftet.
„Das bewusste Erleben unserer Wahrnehmungen wird im Grunde genommen durch unsere Interpretationen bestimmt.“
„Demnach sieht der Neokortex voraus, was er anzutreffen erwartet. Sich die Zukunft vorzustellen ist einer der Hauptgründe dafür, dass wir einen Neokortex haben.“
Die hierarchischen Strukturen sind ein entscheidender Aspekt des Neokortexes. Sie haben sich als Überlebensvorteil herausgestellt. Lernprozesse finden innerhalb weniger Tage statt.
Das Erlernen von Sprache erfolgt ebenfalls hierarchisch.
Rekursion als entscheidende Fähigkeit: „ ...kleine Teile zu einem größeren Stück zusammenzusetzen, dasselbe dann als Teil einer noch größeren Struktur zu verwenden und diesen Prozess iterativ fortzusetzen.“
Unsere Gedanken werden in erster Linie in neokortikalen Mustern repräsentiert.
Diese in verständliche Sprache zu übersetzen, stellt eine Herausforderung dar. Das Hervorbringen von Sprache ist eine Hierarchie linearer Muster im Gehirn.
Kreativität : Assoziieren, keine Angst vor noch so wahnwitzigen Gedanken haben, brechen mit kulturellen Normen, lockern professioneller Tabus, eine größere Menge an Neokortex effektiv für eine Aufgabe aktivieren - Keine Spezialisierung!
Kurzweil sieht den Vorteil von Softwarebasiertem Neokortex hierin:
„Eine Restriktion des menschlichen Neokortex besteht darin, dass es dort keinen Prozess gibt, der widersprüchliche Ideen eliminiert oder kritisch überprüft. Dies erklärt, warum menschliches Denken oft eklatant inkonsistent ist. Der Mechanismus, den wir haben, um dieses sogenannte kritische Denken abzurufen, ist schwach, und diese Fähigkeit kommt seltener zum Einsatz, als es nötig wäre. In einem Software-basierten Neokortex könnten wir einen Vorgang einbauen, der Inkonsistenzen zum Zwecke einer weiteren Überprüfung identifiziert.
Der "hierarchial hidden Markov model" Algorithmus (neuronales Netz, das mit statistischen Methoden aus einer Datenmenge Muster herausfiltern kann) nimmt viel Raum im Text ein.
Hidden-Markov-Modelle werden z.B. bei der Sprachsynthese angewendet.
„Sie codieren die Wahrscheinlichkeit, dass spezifische Soundmuster in jedem Phonem gefunden werden, wie die einzelnen Phoneme einander beeinflussen und die wahrscheinliche Reihenfolge der Phoneme. Das System kann ferner die Wahrscheinlichkeit von Netzwerken auf höheren Ebenen der Sprachstruktur einschließen – beispielsweise etwa die Reihenfolge von Worten, die Einbindung von Redewendungen usw. entlang immer höherer Stufen der Hierarchie der Sprache.
Sie reduzieren überflüssige Verknüpfungen und modellieren die erwartete Größenverteilung jedes Inputs (in einem Kontinuum), indem sie die (Existenz-)Wahrscheinlichkeit für das fragliche Muster berechnen.“
In den letzten Kapiteln widmet er sich der Qualia. Was ist freier Wille? Gibt es ihn überhaupt?
Hier waren für mich die Ausführen zu Stephen Wolfram besonders interessant:
“Obwohl also unsere Entscheidungen vorherbestimmt sein mögen (weil unsere Körper und Gehirne Teil eines deterministischen Universums sind), sind sie doch grundsätzlich unvorhersagbar, weil wir in einem Automaten der Klasse IV leben (und Teil von ihm sind). Wir können die Zukunft eines Automaten der Klasse IV nicht vorhersagen, sondern nur die Zukunft sich ereignen lassen. Für Dr. Wolfram genügt dies, um die Möglichkeit eines freien Willens zu erlauben.