AnnaCarina hat Anna In von Olga Tokarczuk besprochen
Review of 'Anna In' on 'Goodreads'
2 Sterne
2,5 Sterne
Eine Neuinterpretation des Antiken Mythos Innana, verlegt in eine Phantasiewelt, mit den hängenden Gärten von Babylon, den Katakomben, dem Reich der Toten und einer Stadt, voller Aufzugsysteme und einem obersten Management, geführt von den 3 Götter-Vätern Anna In's: Männer der Wissenschaft, der Logik, der Rationalität.
Tokarczuk bedient sich einer Technik, der Bildsprache, die an an einen Comic erinnert und lässt im Wechsel aus verschiedenen Perspektiven erzählen, die sich als ein "Ich-Jeder" bezeichnet.
Aus meiner Sicht, geht das Konzept nicht auf. Die Bildschnitte sorgen dafür, dass es zu keiner Annäherung an das Unaussprechliche, Verborgene kommen kann.
Sie wahren eine Ordnung der Distanz. Die stilistische und sprachliche Umsetzung, verleiht Szenen, in denen Systemkritik geübt wird oder philosophische, psychologische Überlegungen transportiert werden, eine hölzerne, platte Note. Oft hatte ich den Eindruck ein Jugendbuch mit moralischem Vorschlaghammer zu lesen.
Die zweite Hälfte des Buches liest sich deutlich flüssiger, das Eintauchen wird erleichtert, wobei die Figuren alle oberflächlich bleiben und nur der Symbolik dienen.
Sprachlich und stilistisch ein Spiel mit Chaos und Ordnung. Experimentell.
Recht uncool ist die Erkenntnis, dass Anna In Elemente von Unrast enthält. Teils komplette Satzteile wie "...das Privileg nicht zu existieren auf den Karten der Welt". Liest sich insbesondere auf den ersten 50 Seiten als Schreibübung für Unrast.
Welche Haupt-Botschaft lese ich aus Anna In heraus:
Anna In, eine göttliche Kraft, die Ordnung und Vernunft in Frage stellt und für Bewegung und Veränderung steht. Sie stellt die Antithese zum Ordnungsgedanken, dem Gesetzmäßigen, den Hierarchien, dem Dualismus dar. Sie zeigt die Löcher in der Textur auf, die Risse in der Realität und legt einen Akt der freien Handlung hin, indem durch ihre Entscheidung, jegliche vermeintliche Stabilität des Ordnungssystems in Frage gestellt wird.
Das Kausalnetzwerk, auf dem sich die Menschenwelt und Götterväter berufen muss negiert werden.
Dem omnipräsenten Gesetz- und Ordnungsgedanken wird Verantwortung, Selbstlosigkeit und Bedingungslosigkeit entgegengestellt.