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Review of 'Der Untergeher' on 'Goodreads'

5 Sterne

Über die Negation, die Zerrissenheit eines Menschen, der sich in seiner Einzigartigkeit nicht begreifen kann, der in symbolischer Ordnung feststeckt, seinem Mangel und dem Begehren ein anderer zu sein. Der durch Bedeutungszuschreibung in eine Fixierung gedrängt wird, aus der er keinen Ausweg findet, da sein Geist nur im Theoretisieren festhängt. Die Tat, die Handlung zur Entwicklung bleibt aus. Sprache, Worte in ihrer zerstörerischen Kraft. Insbesondere da wo kein Eros vorhanden ist, keine lebensbejahende Kraft nach vorn.
Was bleibt ist der letzte Akt der Flucht, der Annahme des unmöglich Realen der Freiheit, Entzug der Welt, die einen glücklich machen will, um sich sein Unglück zu bewahren – Selbstmord.
Wer ist Schuld? Wieso, weshalb, warum?
Der Icherzähler versucht dies zu umkreisen, Gründe, Erklärungen zu finden. „Wäre dies nicht...hätte jenes..“
Dabei ist ihm doch klar: Wir handeln immer unter den falschen Voraussetzungen.
Er weiß um die Lücken, des Realen (zu dem wir keinen Zugang haben). Das vollständige Bild bleibt aus. Unbewusste Handlungen.
Am Ende des Romans bekommt der Icherzähler ein weiteres Puzzleteil geliefert.
Die Anerkennung der Verstimmung des Ichs. Die theoretischen Erkenntnisse zur gelungenen Lebensführung verbrannt. Eine getroffene Entscheidung. Die Synthese ist vollzogen ins Nichts.

Umrahmt wird dieses Erinnern durch die Gegenwart. Das Leben der Wirtin, der einfachen Leute.
Der Künstler erkennt: Das Ideal, das wir uns ausmalen, entpuppt sich immer als etwas anderes.
Er schält die Ortlosigkeit eines Menschen heraus, der einer gebildeten, finanziell gut ausgestatteten Künstlerklasse angehört, deren er sich aber nicht zugehörig fühlt, die Nähe der einfachen Menschen sucht, gegen dieses elitäre Gehabe aufbegehrt. Diese Nähe wird lediglich auf Abstand geduldet. Die einfachen Menschen und die akademische Künstlerklasse trennt ein gähnender Abgrund. Niemand lässt den anderen rein. Somit sind alle zur Ortlosigkeit verdammt, die aus ihrer Begrenzung ausscheren.

Wem jetzt hier die entscheidenden Buzzwords fehlen, die er doch sonst in den Rezis zu dem Buch findet, ich scheinbar am Inhalt vorbei geschrieben habe, fragt sich wahrscheinlich: War da nicht irgendwas mit Musik, und einem Virtuosen Namens Glenn Gould, akademischem Gequatsche über Bachs Goldbergvariationen und dass Bernhard die Struktur dessen im Text übernommen hat?
Jou. Damit würden wir über die symbolische Ordnung sprechen, über handlungsfreies Theoretisieren, dem Bernhard den Rücken zuwendet und genau das tue ich auch!