AnnaCarina hat Umlaufbahnen von Samantha Harvey besprochen
Review of 'Umlaufbahnen' on 'Goodreads'
1 Stern
Ein hübsch verpacktes Placebo – Kinderbuchprosa – das die ganz großen metaphysischen Fragen in den Ring wirft, auf simple Dichometrien herunterbricht und in einem meditativ, esoterischen Flow, glattpolierte Oberflächenstruktur anbietet.
Ein Buch zum schlau fühlen, ohne sich mit anstrengendem Denken befassen zu müssen.
Nanü!? Kommt uns das nicht irgendwoher bekannt vor? [b:Das Café am Rande der Welt|1780947|Das Café am Rande der Welt|John P. Strelecky|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1188241722l/1780947.SX50.jpg|14981515], wird es nicht genau dafür von allen investigativ Kritikern abgewatscht? Ein naiv, dümmlicher, simplifizierender Lebenshilferatgeber zu sein?
Jaja, mit dem Unterschied, dass Strelecky nicht vorgibt etwas anderes sein zu wollen. Es ist ehrlich. Und, es in sich kohärent, schlüssig.
Umlaufbahnen strotzt nur so vor Kategoriefehlern und strukturellen Widersprüchen.
Auf gehts, mit Käsenudeln die zu philosophischen Reflexionen über Fortschritt und Schönheit führen.
„In der Bordküche isst Pietro Käsenudeln zu Mittag. Oder wenigstens nennen sie es so: Käse. Nudeln.
Bevor er die Erde verlassen hat, hat ihn seine Teenager-Tochter gefragt: Findest du Fortschritt schön?“
Gut, ironische Distanz zum Essen, die - und Sprung!- auf eine andere Ebene führt.
Findet ihr das nicht etwas willkürlich? Mir ist jedenfalls nicht klar, wie man diese Gedankenverknüpfung hin bekommt. Soll vielleicht nur unterhaltsam sein. Sei’s drum. Weiter…
Wat ist das denn überhaupt für ne Frage? Völlig vage, die wird an nix gebunden.
Antwort:
Ja, hatte er gesagt, ohne lange überlegen zu müssen, ja. So schön, großer Gott.
Warum ist das so selbstverständlich? Weiß nicht, wird nicht weiter ausgeführt.
Weiter...
Aber was ist mit der Atombombe, und mit den, wie nennt man die nochmal, mit diesen falschen Sternen in Form von Firmenlogos, die sie ins All schicken wollen, und mit den Gebäuden, die sie auf dem Mond aus seiner staubigen Oberfläche drucken wollen? Brauchen wir überhaupt Gebäude auf dem Mond?, hatte sie gefragt. Ich liebe den Mond, wie er ist, hatte sie gesagt.
Hui, jetzt kommt die typische pseudophilosophische Dramatisierung. Plakative Extrembeispiele. Plopp, fallen gelassen. Boom. Ernsthafte Auseinandersetzung damit?
Schaun wir mal. Weiter…
Und er hatte Ja, Ja geantwortet, ich auch, aber all diese Dinge sind schön, denn ihre Schönheit beruht nicht darauf, dass sie gut sind, du hast nicht gefragt, ob Fortschritt gut ist, und eine Person ist nicht schön, weil sie gut ist, sie ist schön, weil sie lebendig ist, wie ein Kind. Lebendig und neugierig und ruhelos. Gut zählt da nicht. Sie sind schön weil in ihren Augen das Licht leuchtet. Mitunter zerstörerisch, mitunter verletzend, manchmal mal auch egoistisch, und dennoch schön, weil lebendig. Und Fortschritt ist genau das, Fortschritt an sich ist immer lebendig.
Und hier meine Freunde, haben wir ein Beispiel für einen Kategoriefehler. Fortschritt wird mit Leben gleichgesetzt. Und Leben wiederum mit Schönheit. Als wäre Fortschritt ein organisches Prinzip, das unabhängig von Werturteilen existiert. Wie eine Naturkraft.
Ist Fortschritt nicht ehr ein kulturelles Konzept?
Der ist doch niemals einfach da, wie ein lebender Organismus. Hier wird ja suggeriert das Fortschritt im positiven Sinne dynamisch sei. Hey, ich bin ein Befürworter von Dynamik, Lebendigkeit und Bewegung. Aber ich kann das doch nicht so völlig undifferenziert, widerspruchsfrei ohne die Konsequenz zu durchdenken hier so stehen lassen. Als wär das ne ontologische Wahrheit.
Und um dem ganzen die Krone auszusetzen, wird eine falsche Analogie zwischen Schönheit und Fortschritt hergestellt: Schönheit ist nicht an moralische Gutheit gebunden. Fortschritt ist nicht an moralische Gutheit gebunden. Also ist Fortschritt, genau wie Schönheit, einfach eine gegebene Qualität.
Das ist Unfug! Fortschritt kann nicht ohne Werturteil existieren, weil er immer eine Veränderung im Verhältnis zu einem Ideal oder einem Ziel darstellt. Schönheit ist ein Wahrnehmungsphänomen. Fortschritt ist aber kein visuelles oder sinnliches Objekt – es ist ein Konzept, das auf sozialen, technischen oder moralischen Entwicklungen basiert.
Das ist zudem ein Zirkelschluss: Fortschritt ist gut, weil er existiert. What!!
Aber, das interessiert ja eigentlich auch nicht was ich hier mache, denn worum es dem Text geht, ist doch die emotionale Note. Das Bild des Kindes. Das Licht, das in den Augen leuchtet.
Welche schöne Romantisierung! Wer will denn schon tief in die Denkbewegung hinein.
Bleiben wir doch beim Kitsch und einer intellektuell fahrlässigen Aussage, denn, der Gedanke ist hier bereits beendet und geht so weiter..
Schön und gut, aber da hatte er nicht an die Raumfahrt-Spezialität Fertigkäsenudeln gedacht, die weder gut sind noch schön noch aus irgendetwas, das mal Leben in sich hatte. Einmal hat er versucht, das Ganze mit einer Knolle frischem Knoblauch aufzupeppen, die mit der Versorgungsrakete geliefert worden war. In der Hoffnung, eine ölige Paste zu erhalten, mit der er alles Mögliche würde würzen können, hatte er in einem alten Getränketütchen einige Knoblauchzehen in Öl erhitzt, aber das Tütchen war zu heiß geworden und übergelaufen, und der Ofen, die Küche, ihre Schlafräume, die Labore hatten...
Blablabalaaaa…. Leere Behauptungen, die am Ende mit den Käsenudeln verklebt werden.
Das Buch denkt nichts davon durch, das es behauptet.
Wir reden hier von hoch komplex ausgebildeten Spezialisten! Die sich im weiteren Verlauf über Pohh der Bär unterhalten.
Mir ist jetzt 2 mal gesagt worden, dass es evtl. an der Übersetzung läge. Das ist Unsinn. Die Mängel des Buches betreffen Struktur und die innere Logik des Textes. Eine bessere Übersetzung könnte höchstens stilistische Unebenheiten glätten – aber sie kann nicht aus einer widersprüchlichen oder flachen Argumentation eine kohärente machen.
Der Text hat null Dringlichkeit. Entpersonalisierte Sprache, keine Verdichtungen, keine rythmische Spannung.
Reine Behauptungen, Beobachtungen, die völlig ohne Perspektive in den Raum gestreut werden.
Formelhaft, vage.
Keine Steigerungen, keine Überraschungen, keine Bewegung.
Strukturelle Beliebigkeit mit mächtig viel Oberflächenästhetik.
Die Vereinfachung komplexer Sachverhalte auf banale Gegensätze
„Trainingsträume vs. fremde Träume“ – Als hätte das Unbewusste zwei Modi, einen praktischen und einen irrationalen, die einfach umschalten.
„Wille vs. keine Wille – Kunstwerk vs. Laune der Natur“ – Die Gott-Frage wird auf eine bloße Geschmackssache reduziert.
„Zertrümmerung des Egos durch Wissenschaft“ – Als gäbe es eine automatische lineare Verbindung zwischen Erkenntnis und psychologischer Reaktion.
Schematische Dichometrien noch und nöcher.
"Ergriffensein vs. Technikerkühle" zweier Figuren. Die lediglich als Chiffren für zwei Haltungen, nicht Menschen mit realen Widersprüchen oder Entwicklungsmöglichkeiten stehen gelassen werden.
Ich habe das Buch auf Seite 87 abgebrochen.
Die Rechtfertigung warum es doch toller ist einen Menschen als einen Robotor ins Weltall zu schicken, obwohl er mit Essen, Trinken und Ausscheidungen konfrontiert wird, wird folgendermeßen begründet: Im Vergleich zum Roboter hat der Mensch ein Herz. Es hämmert gegen die Brust.
Ähm, ja….Richtig, und weil mir mächtig die Düse geht, beende ich das hier und werfe alle Menschen aus meiner Freundesliste die dem Ding 5 Sterne gegeben haben. Ciao