AnnaCarina hat Eurotrash besprochen
Review of 'Eurotrash' on 'Goodreads'
2 Sterne
Rezenzion nach dem 2. Read:
Eurotrash ist das Nichts und die Leere - eine Scheinrebellion, eine Illusion von Autonomie und Widerstand, ein symbolischer Ausbruch aus dem System.
Eurotrash ist Identitätsverweigerung – man schwimmt im Becken der Geschichtsfetischierung, die unabhängig von menschlichem Handeln und Intentionen zu existieren scheint. Christian, der Icherzähler nimmt sich als Subjekt aus der Rechnung raus. Er ist Opfer der Geschichte, Opfer des Systems, der Normen und Werte. Man arrangierte sich mit dem feudalistischen Vater, gab ja Geld. Man reist Jahrzehnte durch die Welt und lebt ständig in der Vergangenheit. Man fügt sich dem System, das man verachtet, einen einengt und spielt in der Show der Masken, Angebereien und Unaufrichtigkeit mit - völlige Passivität. Er geht nur auf ein Borges-Festival um mit seiner Bildung anzugeben.
Er fließt als Erzähler aus der Geschichte, ist überall und Niemand.
Will dennoch den Kreis durchbrechen. Wünscht einen Bruch. Erkennt, man steckt fest. …
Rezenzion nach dem 2. Read:
Eurotrash ist das Nichts und die Leere - eine Scheinrebellion, eine Illusion von Autonomie und Widerstand, ein symbolischer Ausbruch aus dem System.
Eurotrash ist Identitätsverweigerung – man schwimmt im Becken der Geschichtsfetischierung, die unabhängig von menschlichem Handeln und Intentionen zu existieren scheint. Christian, der Icherzähler nimmt sich als Subjekt aus der Rechnung raus. Er ist Opfer der Geschichte, Opfer des Systems, der Normen und Werte. Man arrangierte sich mit dem feudalistischen Vater, gab ja Geld. Man reist Jahrzehnte durch die Welt und lebt ständig in der Vergangenheit. Man fügt sich dem System, das man verachtet, einen einengt und spielt in der Show der Masken, Angebereien und Unaufrichtigkeit mit - völlige Passivität. Er geht nur auf ein Borges-Festival um mit seiner Bildung anzugeben.
Er fließt als Erzähler aus der Geschichte, ist überall und Niemand.
Will dennoch den Kreis durchbrechen. Wünscht einen Bruch. Erkennt, man steckt fest.
Also los! Die Mama, Rollator, Flasche Wodka und die Pillen geschnappt, rein ins Taxi und ab geht die wilde Fahrt durch die Schweiz. Munter, fröhlich, grotesk ziehen sie ihre Schleifen. Entsorgt den Müll Geld. Geschichten werden erzählt. Man bedient sich sämtlicher literarischer Referenzen, alles begegnet einem wieder. Die Literatur und Kultur als Flucht vor der Realität, das ewig Gleiche.
Authentisch ist nur der künstliche Darmausgang.
Der Roadtrip wird zur leeren Geste. Man stellt sich nicht sich selbst. Keine Konfrontation mit der Realität. Die Angst vor dem Schmerz des selbstbestimmten Handelns und der Begegnung mit dem Unaussprechlichen ist zu groß.
Vielleicht ist das Problem auch schlicht weg, wie Christian selbst bemerkt, dass er nie Hegel gelesen hat. Da wir in dem Buch aber so viele doppelte Böden haben, gehe ich davon aus, dass er doch irgendwann in den Hegel gefallen ist und mit diesem Buch den Stinkefinger in Richtung dynamischen Prozess erhebt.
Und so endet das Buch mit der Entscheidung in einem Zustand des imaginären Scheins zu bleiben.
Der Durchbruch des Kreises war nie ernsthafte Intention.
Was bleibt ist das Nichts, das bereits Haldor Laxness in [b:Am Gletscher|2988602|Am Gletscher|Halldór Laxness|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1481276668l/2988602.SY75.jpg|3019063] beschreibt.
Dieses Nichts hätten Christian und seine Mutter in der Schlüsselszene am Gletscher, auf der Suche nach dem Edelweiß füllen können. Katharsis.
Nun bleibt es jedem überlassen wie er den Roman Haldor Laxness interpretiert und wie Christian Kracht diesen gelesen hat. Er entscheidet sich jedenfalls dagegen zu erzählen was zählt, was für ihn Wahrheit bedeutet.Er entscheidet sich dagegen in der Isolation eine einzigartige Dynamik mit eigenen Regeln zu schaffen. Er entscheidet sich gegen Öffnung, gegen Vielseitigkeit und Wandelbarkeit aus sich selbst heraus. Entscheidung gegen Liebe zur Freiheit, Unabhängigkeit und den Möglichkeiten die das Leben bietet. Er entscheidet sich gegen Verantwortung.
Maske sitzt und weggeduckt.
2 Sterne, weil ich die Leere durchaus unterhaltsam fand.
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Rezension des ersten Reads: 4 Sterne
Da hat mir Faserland doch einen Tacken besser gefallen.
Diesen triefenden Sarkasmus Faserlands konnte ich in Eurotrash zwar wiederfinden, aber nicht in dieser göttlichen Konsequenz.
Oh es war deprimierend schön und für mich völlig ok, dass der Roadtrip nur im Kreisverkehr, des Versuches der Aufarbeitung statt fand, das ewige Schweigen, schweigsam blieb.
Familientraumata, das Leben im Schein und Sein- wie soll man da "Normal bleiben"?
Gar nicht.... Deshalb nehmen wir diesen Surrealen Trip auf uns und landen immer wieder bei Borges. Was ist Wahr, was ist Fiktion, welche Geschichte dient einer weiteren Metaebene? Ja Christian, Du kannst so schön Geschichten erzählen- mich hat's dann gegen Ende ein bisschen eingelullt, als wäre Herr Kracht zu sehr von sich selbst gelangweilt oder von sich als fiktiver Person, die sich selbst in einen Roman geschrieben hat.