AnnaCarina hat Erschütterung von Percival L. Everett besprochen
Review of 'Erschütterung' on 'Goodreads'
4 Sterne
Eins vorweg, ich bin von Everett sehr begeistert, muss ihn aber dingend lesen, um die Qualität seiner Bücher besser einschätzen zu können. Dieses Buch, wie auch "Die Bäume", habe ich als Hörbuch gehört. Insofern kann dies nur eine erste Beobachtung darstellen.
Er gehört zu den Autoren, die es schaffen, in einen süffigen Schreibstil, unterhaltend plotgetrieben, die gewisse Prise existentielle Nachdenklichkeit und Anspruch hineinzubringen.
Wir verfolgen einen Icherzähler, der seine Geschichte in der Rückschau (Vergangenheitsform) berichtet, die er hier und da, durch direkte Ansprache des Lesers und kurzen Kommentaren, im Präsens, unterbricht.
Er ist Professor an einer Universität, in deren Rolle er ua. beleuchtet wird. Dreh- und Angelpunkt ist aber die neurologische Erkrankung seiner Tochter, für die es keine Therapie gibt.
Was kann ich wissen? Sagt man dem Kind die Wahrheit? Kann ich es? Wie gehe ich damit um, nichts tun zu können? Kann ich etwas anderes tun? Fragen mit denen …
Eins vorweg, ich bin von Everett sehr begeistert, muss ihn aber dingend lesen, um die Qualität seiner Bücher besser einschätzen zu können. Dieses Buch, wie auch "Die Bäume", habe ich als Hörbuch gehört. Insofern kann dies nur eine erste Beobachtung darstellen.
Er gehört zu den Autoren, die es schaffen, in einen süffigen Schreibstil, unterhaltend plotgetrieben, die gewisse Prise existentielle Nachdenklichkeit und Anspruch hineinzubringen.
Wir verfolgen einen Icherzähler, der seine Geschichte in der Rückschau (Vergangenheitsform) berichtet, die er hier und da, durch direkte Ansprache des Lesers und kurzen Kommentaren, im Präsens, unterbricht.
Er ist Professor an einer Universität, in deren Rolle er ua. beleuchtet wird. Dreh- und Angelpunkt ist aber die neurologische Erkrankung seiner Tochter, für die es keine Therapie gibt.
Was kann ich wissen? Sagt man dem Kind die Wahrheit? Kann ich es? Wie gehe ich damit um, nichts tun zu können? Kann ich etwas anderes tun? Fragen mit denen sich das Buch intensiv auseinander setzt.
Es gibt noch einige Nebenstränge, die die Komplexität der Kommunikation und Interaktion mit anderen Menschen verdeutlichen. Wie viel Verantwortung fällt mir zu? Thema: Aufmerksamkeit, Warnsignale, Grenzen der Empathie und Offenheit, Anerkennung, Selbstwertgefühl, ambivalentes Verhalten und daraus wieder die Frage: was ich kann ich wissen? Was ist Schein?
Everett verwebt das hervorragend miteinander und stellt uns die Besonderheit des Icherzählers zur Seite, der nämlich nicht in Betroffenheitsprosa manipulativ auf die Tränendrüse drückt, sondern, kühl, distanziert, abgeklärt und ruhig die Geschehnisse berichtet und analysiert.
Da ihm eine vorzügliche Reflexivität mitgegeben wird, erfahren wir aber, wie es in ihm aussieht.
"Kummer kennt eine Vielfalt von Reaktionen"
Er denkt nun mal bei Stress über Analogien nach und möchte seiner Tochter keine Angst machen.
Diese Eigenschaft führt in der Kommunikation und im Umgang mit seiner Ehefrau zu spannungsgeladenen Momenten. Insgesamt zeichnet Everett ausdrucksstarke Szenen der Inkommunikabilität in der Ehe.
Ein wirklich vielschichtiges Werk.
Die metaphorischen Ausdrücke sind meist recht offensichtlich.
Er spielt Schach mit seiner Tochter. Natürlich fällt dann so ein symbolischer Satz wie: du musst den Springer aufgeben, um etwas anderes zu schützen.
Eigentlich stark ist das Buch in den Lücken, den Fragen, den Möglichkeiten die mitschwingen, nachdem er imaginär aus der Szene hinausgeht. Auf der Handlungsebene schwächelt es etwas.
Insbesondere der Schluss, etwa, die letzten 20%, drängt er im Aktivitätsmodus voran. Das Buch bekommt hier eine Schieflage. Die Unterhaltungen und Dynamiken wirken extrem inszeniert und überkonstruiert. Ein ähnliches Erlebnisse hatte ich auch mit "Die Bäume".
Daher gibts dieselbe Bewertung.